Sommer - Kirche - Urlaub
Am Bodensee und im Allgäu suchen viele Menschen Erholung - Seelsorgende unterstützen sie dabei mit unterschiedlichen Angeboten.
Dass sonst seltene Kirchgänger:innen im Urlaub vor Ort plötzlich die Sonntagsgottesdienste besuchen, ist eher unwahrscheinlich. In einer der vielen Kapellen im Allgäu und am Bodensee ein Kerzle anzünden, in schmucken Barockkirchen ein Konzert genießen oder beim Spazierengehen Gottes Schöpfung bestaunen, dafür seien jedoch etliche Urlaubsgäste offen. So berichten es Viola Schreiber, Benjamin Sigg und Matthias Fahrner. Während die Gemeindereferentin im Sommer vier Wochen lang mit einem Team das ökumenische Ferienprogramm auf dem größten Campingplatz am Bodensee in Gohren verantwortet, sind die beiden Pastoralreferenten auf Profilstellen der Dekanate Allgäu-Oberschwaben und Friedrichshafen das ganze Jahr unterwegs.
"Die Leute kommen nicht wegen der Kirchen an den Bodensee, aber sie nehmen sie als touristische Orte gerne mit", weiß Matthias Fahrner. Die Seelsorgenden warten jedoch nicht, bis die Urlauber:innen zu ihnen kommen. Sie gehen mit ihren Angeboten auch dorthin, wo die Menschen sind. Benjamin Sigg organisierte letztes Jahr beispielsweise einen Abendsegen am Badesee in Beuren bei Isny und plant Ende August dort ein Abendklänge-Konzert mit einem örtlichen Chor, der auch geistliche Lieder singt. Und Viola Schreiber erzählt von Stand-Up-Padlern auf dem Bodensee, die sich während des Gottesdienstes am Ufer in gebührendem Abstand eine Weile auf ihr Board setzen und zuhören.
Attraktive Orte und interessante Personen
Kommen die Kirchenleute mit Tourist:innen ins Gespräch, entschuldigen sich diese oft, dass sie nicht gläubig oder kirchlich seien. Wenn diese erste Hürde überwunden ist, zeige sich jedoch, dass die Menschen sich durchaus existenzielle Fragen stellen. "Spiritualität ist Sehnsucht nach Resonanz", formuliert es Benjamin Sigg. Das bedeutet zum einen Antwort bekommen, aber auch mit etwas anderem mitschwingen. Dafür brauche es attraktive Orte, interessante Personen und entsprechende Anlässe, erklärt der Allgäuer, der letztes Jahr auf der Landesgartenschau in Wangen viele Erfahrungen sammeln konnte. Wichtig sei, sich dabei an den Gästen und ihren Interessen zu orientieren.
Seelsorge im Bereich Tourismus, Pilgern und Spiritualität brauche darüber hinaus lebendige Netzwerkwerke vor Ort, sind die drei Seelsorgenden überzeugt. Sie haben dabei auch die Menschen im Blick, die dort wohnen, wo andere Urlaub machen. Zum einen freuen sich diese ebenfalls über spirituelle Auszeiten, zum anderen sei es wichtig, die Kirchengemeinden einzubinden und mitzunehmen. Während die Campingseelsorge eher von der evangelischen Seite getragen ist, aber schon lange mit interkonfessionellen Teams arbeitet, verstehen Matthias Fahrner und Benjamin Sigg ihre Arbeit auch ohne direkten evangelischen Partner grundsätzlich ökumenisch.
Die Qualität muss stimmen
Zu den Netzwerken gehören aber auch "weltliche" Partner wie die Touristinfos der Kommunen, Museen, Vereine Kulturbetriebe, Campingplatzbetreiber und andere Organisationen. "Wir können uns nur zusammen mit ihnen gut platzieren", ist Matthias Fahrner überzeugt. Denn irgendwie müssten die Urlaubsgäste ja von den Angeboten erfahren. Die Kooperationen zwängen die Kirchenvertreter zu professioneller Arbeit. "Wenn die Qualität nicht stimmt, fliegen wir wieder raus", fürchtet er. Benjamin Sigg integriert auch viele geeignete und schon länger bestehende Veranstaltungsformate im Allgäu in seine Programmübersicht. Dort steht drin, was es ist und wo man es buchen kann. "Das habe ich von den Touristikern gelernt", verrät der Pastoralreferent.
Viola Schreiber, Matthias Fahrner und Benjamin Sigg sitzen das erste Mal gemeinsam am Tisch. Die Atmosphäre ist locker, die Begeisterung für ihre jeweilige Aufgabe verbindet sie. "Wir dürfen ausprobieren und auch scheitern", freut sich Benjamin Sigg über die Freiheiten. "Jetzt hat die Kirche noch die Chance, in diesen Bereichen etwas aufzubauen", ergänzt Matthias Fahrner. Schauen zu können, was den Campern und dem Team gut tut, gefällt Viola Schreiber an ihrem sommerlichen Teilzeitjob. Alle drei blicken über den eigenen Tellerrand hinaus. "Denn", so bringt Matthias Fahrner seine Erfahrung auf den Punkt, "der Tourismus hört nicht an der Dekanatsgrenze auf."
Allgäusegen
Pastoralreferent Benjamin Sigg arbeitet im Dekanat Allgäu-Oberschwaben. Als Aufgabe seiner Profilstelle "Netzwerk Spiritualität-Pilgern-Tourismus" sieht die Verknüpfung und Neuentwicklung spitiueller Angebote im Allgäu. Was steht demnächst an?
- Abendklänge zur Mittsommernacht mit Texten und Gesang von Chansemble aus Isny
Samstag, 21. Juni, 21 Uhr im Refektorium des Schlosses Isny
- Sommergottesdienst mit dem Verein "Andere Zeiten" und dem Chor Voices aus Wuchzenhofen
Donnerstag, 3. Juli, 18.30 Uhr in der Galluskapelle auf dem Winderberg, der Autobahnkapelle bei Leutkirch
Hier das komplette Programm von Allgäusegen unter dem Motto "Den Himmel erden"
SummerSpirit
Pastoralreferent Matthias Fahrner wechselte im Mai auf die Profilstelle "Kirche und Tourismus" im Dekanat Friedrichshafen. Am Bodensee gibt es demnächst
- SOUL & SEE im Rahmen des Stadtkirchentags mit der Gruppe Nettwork, dem Rapper Pisty sowie dem Bergbandkollektiv
Freitag, 6. Juni, 17 Uhr bei der Musikmuschel um Uferpark Friedrichshafen
- Morgenlob am Seeufer - Gebet und Stille zum Sonnenaufgang mit Anmeldung und Frühstück
Mittwoch/Donnerstag/Freitag, 11./12./13. Juni, Treffpunkt am Don-Bosco-Haus in Friedrichshafen
Campingseelsorge Gohren
Vom 25. Juli bis 7. September bieten die Kirchen auf dem Campingplatz in Gohren ein abwechslungsreiches Programm für Kinder und Erwachsene an, darunter ein Abendlob oder die Abendstimmung am See. Die ersten vier Wochen bis 17. August ist Gemeindereferentin Viola Schreiber mit Team dafür verantwortlich, danach ihre evangelische Kollegin, Diakonin Marlene Gruhler.
Markus Waggershauser, drs.de